Mit der Hilfe des Himmels



Sachor


    In der hebräischen Bibel wird der Begriff "Sachor = Erinnere Dich" 169 mal wiederholt. Das Wort Sachor gilt entweder G-tt oder dem Volk Israel. Israel soll sich seines G-ttes, seiner Geschichte und seiner Feinde erinnern. Ohne die Fähigkeit der Erinnerung gäbe es das jüdische Volk heute nicht mehr. Sachor bedeutet letztendlich Existenzsicherung durch Erinnern.

    Das jüdische Volk war das erste, das Geschichtsschreibung betrieb, aber nicht im Sinne einer Aufzeichnung vergangener Zeiten um der Lehre willen, sondern als direkter persönlicher Bezug zu den Vorfahren und als Erkenntnisquelle für den Willen G-ttes. Lion Feuchtwanger drückt das jüdische Geschichtsbewusstsein so aus: "Jedes Erlebnis Israels wird betrachtet als Fortsetzung früherer und als Verknüpfung mit zukünftigen Ereignissen [...]."( Lion Feuchtwanger "Vom Geschichtsbewußtsein der Juden", S. 1) "Das ganze Land Israel ist voll von Geschichte, kein Fluß, kein Berg, keine Stadt, wo sich nicht die Väter und ihr Gott bewährt hätten. Der Glaube der Juden ist durch und durch geschichtlich, er geht zurück auf Fakten, sie haben ein Bündnis mit ihrem Gott, das gegenseitige klarumrissene Verpflichtungen enthält. Gott erweist sich ständig durch die Geschichte Israels. Israel hat sich auf die gleiche Art zu bewähren." (ebd., S. 2)

    Am Schabbat vor Purim werden zwei Torahrollen ausgehoben und wir lesen nach dem aktuellen Wochenabschnitt die Paraschah Sachor.

      "Gedenke was dir Amalek antat, als ihr auszogt aus Ägypten, als er über deinen Weg kam und die Schwachen rücklings überfiel, ... du sollst dies Andenken auslöschen und es dennoch nicht vergessen". (5. Mosche 25, 17-19).

    Hier wird also Bezug genommen auf eine ganz bestimmte Erinnerung, auf die Verfolgung der Israeliten durch König Amalek. Warum wird die Paraschah Sachor gerade vor Purim gelesen?

    Haman, dessen Ziel es war, alle Juden an einem Tag zu vernichten, war ein Nachfahre des Amalekiterkönigs Agag. Daher wissen wir, dass Haman ebenfalls ein Amalekiter war.

    Die zugehörige Haftarah, 1. Schemuel 15, berichtet vom Krieg zwischen König Schaul und Amalek.

    Das Thema "Gedenke was dir Amalek antat" ist stets aktuell geblieben. Nachdem sich das Volk Israel aus der Gefangenschaft Ägyptens auf den Weg in das verheißene Land gemacht hatte, war der hinterhältige Angriff Amaleks auf die geschwächten Israeliten nur der Anfang einer Kette feindlicher Übergriffe auf die Juden. Und immer wieder wurden sie - selbst ohne ihr Zutun - daran erinnert, was Amalek ihnen angetan hatte. Purim ist das Fest, an dem wir den Sieg des jüdischen Volkes über den Nachfahren Amaleks, Haman, feiern. Die Verfolgung und Demütigung der Juden setzte sich über die Jahrhunderte fort, und die Schoah bildet den aktuellsten und grausamsten Höhepunkt "amalekitischer" Gräueltaten.

    Der Selbstschutz ist ein wichtiger Grund, weshalb wir stets gedenken sollen, was Amalek uns antat, denn wir dürfen nicht fahrlässig mit unserem Leben umzugehen. Wir haben es zu schützen, wo immer wir können. Genauso haben wir aber auch das Leben unseres Nächsten zu schützen. Also ist ein weiterer Grund für Sachor, dass wir auch fähig sein sollen, anderer Leute Leid wahrzunehmen. Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie sinnlos damals und in der gesamten jüdischen Geschichte die Amalekiter der jeweiligen Zeit Menschenleben vernichteten. Erinnern wir uns also und hüten uns davor, weitere sinnlose Opfer zuzulassen oder gar zu fordern.

    Wir dürfen nicht schweigen, wenn Menschen Unrecht geschieht - egal wo und wem. Wir dürfen uns nicht raushalten, daran beteiligen oder selbst Unrecht verüben, denn die Torah fordert uns auf "or la'gojim," den Nationen ein Licht zu sein. Der Mensch besitzt die Fähigkeit, sich für das Gute oder das Böse - für oder gegen die Mitzwoth - zu entscheiden. Dessen sollen wir uns erinnern und den Amalek in uns selbst bekämpfen und besiegen. (vgl. Cherem)



Jüdische Weisheit


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